Beim Sprechen gleichzeitig mit den Händen zu reden, hilft dem Wortgedächtnis auf die Sprünge, wie Psycholinguisten herausfanden.
Aus: Gehirn&Geist, Juni 2011
Wann lag Ihnen das letzte Mal ein Begriff förmlich auf der Zunge, wollte Ihnen aber partout nicht einfallen? Ob es der Name einer exotischen Frucht oder der letzte Urlaubsort war, Sie werden wahrscheinlich immer gleich reagiert haben: Wenn Sprechern ein Wort "auf der Zungen liegt" – sie also davon überzeugt sind, dass der gesuchte Begriff irgendwo im Gedächtnis verschüttet liegt – setzen sich oft ihre Hände in Bewegung.
Dass vermehrtes Gestikulieren tatsächlich eine Brücke zwischen Sprache und Denken zu bauen vermag und das Sprachgedächtnis unterstützt, konnten Forscher in Studien nachweisen. Das berichtet das Wissenschaftsmagazin Gehirn&Geist in seiner aktuellen Ausgabe (6/2011).
Die Psychologen Geoffrey Beattie und Jane Coughlan veranstalteten vor einigen Jahren in ihrem Labor an der University of Manchester (Großbritannien) eine Art Quiz: Die Teilnehmer sollten etwa benennen, wie der zentrale Raum eines antiken römischen Hauses heißt, oder wie man einen typisch amerikanischen Cowboyhut nennt. Die Kandidaten sollten die gesuchten Wörter – in diesem Fall "Atrium" und "Stetson" – so schnell wie möglich aussprechen.
Während eine Hälfte der Probanden ihre Arme verschränken musste, um nicht zu gestikulieren, erhielten die anderen keinerlei Vorgaben. Rief eine Frage bei den Testpersonen ein "Es liegt mir auf der Zunge"-Gefühl hervor, so beobachteten die Wissenschaftler Verblüffendes: Jene, die mit den Händen rudern, flattern oder schnipsen durften, fanden viel eher die Antwort. Sie benannten die Wörter nahezu dreimal häufiger korrekt als Probanden mit verschränkten Armen.
Offenbar helfen Gesten dem Arbeitsgedächtnis, den gesuchten Begriff zu eruieren. Darauf wies eine Untersuchung von Anat Maril und Kollegen von der Harvard University in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts) hin. Die Psychologen überprüften im Jahr 2005 mittels bildgebender Verfahren, welche Hirnregionen vermehrt aktiv wurden, wenn Versuchspersonen glaubten, ein Wort zu kennen, aber nicht darauf kamen. Resultat: Bei den Sprachblockaden leisten die gleichen Hirnareale Schwerstarbeit, die am Arbeitsgedächtnis beteiligt sind.
Handbewegungen, die das Sprechen begleiten, verstärken demnach die Konzentration auf das Wesentliche. Motorik und Denken machen sich quasi gemeinsam auf die Suche nach dem richtigen Begriff – und kommen so schneller ans Ziel.