Dienstag, 16. Dezember 2008

Der gefühlte Preis

"Neuro-Ökonomen" legen Konsumenten in den Hirnscanner, um unsere Kaufentscheidungen zu verstehen. Ihre Erkenntnis: Gefühle dienen uns als Wegweiser durch den Produktdschungel.

Warum entscheiden wir uns für oder gegen ein Produkt? Früher glaubten Ökonomen, dass wir rein rational zwischen den Vor- und Nachteilen abwägen. Doch dieses Bild des vernünftigen Konsumenten bröckelt. Neuerdings untersuchen Forscher mit Hilfe von Hirnscans, wie wir Kaufentscheidungen treffen. Ihre Experimente zeigen: Beim Griff ins Portmonee lassen wir uns stark von Gefühlen leiten. Über diese junge Disziplin der Neuro-Ökonomie berichten die Wirtschaftswissenschaftler Mirja Hubert und Peter Kenning von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen in der aktuellen Ausgabe von Gehirn&Geist (Heft 1–2/2009).

Die beiden Forscher untersuchten, warum wir im Supermarkt immer wieder nach denselben Dingen greifen: Beim Anblick unserer Lieblingsmarken verstummen bestimmte Hirnregionen, die mit rationaler Kontrolle verbunden sind. Das macht uns die Entscheidung besonders leicht. Grund dafür sind die positiven Gefühle, die vertraute Produkte hervorrufen – der Name des allmorgendlich getrunkenen Kaffees etwa weckt Erinnerungen an ein leckeres Frühstück. Dagegen kommen Argumente wie der günstigere Preis der Konkurrenz nur schwer an.



Wirtschafts-ZentrenWie wichtig Emotionen für Kaufentscheidungen sind, zeigen auch Untersuchungen an Patienten mit einer Hirnschädigung. Fällt der präfrontale Kortex aus, der Gehirnteil unmittelbar hinter der Stirn, vermögen es Betroffene nur noch schwer, ihre Gefühle wahrzunehmen und zu erkennen. Gleichzeitig stellt sie schon die einfachste Produktwahl vor große Probleme, etwa die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Haarshampoo. Ohne ihre Gefühle als Wegweiser durch den Produktdschungel versuchen Menschen offenbar, alle Vor- und Nachteile eines Produkts rational abzuwägen – und finden keine Lösung. »Wirtschaftswissenschaftler müssen also in ihre Forschung das Organ mit einbeziehen, das unsere ökonomischen Entscheidungen herbeiführt: das Gehirn«, sagt Peter Kenning.

Über Gehirn&Geist:
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