Donnerstag, 27. Januar 2011

Neurowissenschaft - Hirnforschung mit Licht

Eine neue Technik namens Optogenetik ermöglicht Forschern, unser Denkorgan in bisher ungeahnter Detailgenauigkeit zu untersuchen

Aus: Spektrum der Wissenschaft, Februar 2011

Um der Funktionsweise des Gehirns auf die Spur zu kommen, benötigen Forscher hochpräzise Techniken, mit denen sie einzelne Zelltypen gezielt beeinflussen können. In der Februar-Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft" stellt der Psychiater Karl Deisseroth von der kalifornischen Stanford University einen neuen, viel versprechenden Ansatz vor: die so genannte Optogenetik, die das Fachmagazin "Nature Methods" kürzlich zur Methode des Jahres 2010 ernannte.

übertragen Forscher die Gene für lichtempfindliche Proteine (Opsine) in Hirnzellen. Das erlaubt, Gruppen von Neuronen bis hin zu einzelnen Zellen unabhängig von anderen zu aktivieren: durch Lichtimpulse, die über eine implantierte optische Sonde ins Gehirn geleitet werden. Auf diese Weise lassen sich Hirnfunktionen bei lebenden, frei umherlaufenden Tieren höchst präzise untersuchen, was mit herkömmlichen Methoden nicht möglich war.

Deisseroth beschreibt in seinem Artikel, wie er aus Frust über die unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen zu einem Pionier der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung wurde. Um bessere Werkzeuge zur Untersuchung der neurobiologischen Ursachen solcher Störungen zu entwickeln, pflanzte er ein lichtempfindliches Protein aus Bakterien in Nervenzellen ein. Das Experiment funktionierte erstaunlich gut: Mit einfachen, unschädlichen Lichtblitzen löste er auf Millisekunden genau elektrische Impulse in diesen Zellen aus.

Andere Opsine aus Algen sowie die gezielte Veränderung solcher Leuchtproteine erlauben heute vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, etwa das gezielte Umschalten von Nervenzellen zwischen aktivem und nicht aktivem Zustand durch einen einzigen Lichtblitz. Inzwischen ist es sogar möglich, neben Neuronen auch alle anderen Arten von Zellen zu manipulieren.

Entsprechend groß sind die Hoffnungen auf den therapeutischen Nutzen. Laut Deisseroth hat die Optogenetik bereits neue Erkenntnisse über die Parkinson-Krankheit, Schizophrenie und Narkolepsie erbracht. Daraus könnten sich innovative Behandlungsansätze für diese und andere Erkrankungen ergeben.