Zugesagte Nacht- und Notdienstpauschale der Bundesregierung lässt auf sich warten
Hannover (apothekerkammer) – Viele Patienten kennen es: Mitten in der Nacht steigt das Fieber des Kindes und gerade jetzt fehlen im häuslichen Medizinschrank die passenden Medikamente. Sofort suchen Eltern die nächste Notdienst-Apotheke auf. Deutschlandweit nehmen jede Nacht etwa 20.000 Menschen den Notdienst in Anspruch. Doch so sehr Patienten an diesen Service gewöhnt sind, so wenig denken sie daran, wie der Notdienst überhaupt finanziert wird. Die klare Antwort darauf: Aus der eigenen Tasche des Apothekers. Vor allem für die Apotheken auf dem Land reicht deren nächtlicher Umsatz nicht, um überhaupt die Personalkosten zu decken. Doch deshalb weniger Notdienste anzubieten kommt nicht in Frage, denn dann müssten Patienten noch weitere Wege zurücklegen, um ihre Arzneimittel zu erhalten. Als zumutbare Entfernung gelten innerstädtisch 10 Kilometer bis zur nächsten notdienstbereiten Apotheke, im Umland 15 bis 20 Kilometer. Diese Grenzen werden auch weiterhin eingehalten – so lange es genügend Apotheken gibt. Die Bundesregierung hatte den Apothekern Ende letzten Jahres eine zusätzliche finanzielle Unterstützung versprochen, aus der die Apotheken pro geleistetem Notdienst eine Pauschale erhalten sollten. Die Regelung sollte bereits am 1. Januar 2013 in Kraft treten, doch noch immer warten die Apotheker auf ihr Geld. Mit einem bundesweiten Aktionstag möchten die Apotheker daher Politiker und Patienten auf diesen Missstand aufmerksam machen. Am 28. Februar 2013 werden sie von 12 bis 13 Uhr Arzneimittel nur über die Notdienstklappe abgeben. Unter dem Motto „Wir machen den Tag zur Nacht“ wird für eine Stunde der Nachtdienst am helllichten Tag geleistet.
Im Jahr 2012 leisteten die über 2.000 niedersächsischen Apotheken nachts sowie an Sonn- und Feiertagen 50.830 Notdienste. Im Flächenland Niedersachsen sind die Anzahl der Notdienste aber ungleichmäßig verteilt. In den ländlichen Regionen gibt es deutlich weniger Apotheken als in den Städten. Deshalb müssen die Apotheken auf dem Land häufiger Notdienste leisten als die in den Städten. Daher ist für sie die personelle und finanzielle Belastung erheblich höher. Gerade für die Landapotheken ist die Notdienstpauschale überlebenswichtig, damit die Apotheken am Ort gehalten werden können. „Große Probleme haben wir zum Beispiel schon im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Dort gibt es nur noch 13 Apotheken. Diese Apotheken dort haben also wesentlich häufiger Nacht- und Notdienste als eine Apotheke in den kreisfreien Städten Hannover oder Osnabrück mit 138 bzw. 60 Apotheken, die sich die Dienste teilen können. Auch in den Landkreisen Rotenburg und Heidekreis ist die Zahl der Apotheken bedenklich zurückgegangen“, so die Apothekerkammer Niedersachsen.
Der unterfinanzierte Notdienst ist ein Problem der Landapotheken. Die regionale Arztdichte ein anderes, denn für einen wirtschaftlich soliden Apothekenstandort ist es entscheidend, wie viele Ärzte noch in ihrem direkten Umfeld praktizieren. Wandern die Ärzte vom Land in die Stadt ab, so fehlen der örtlichen Apotheke die Rezepte. Es gibt Orte in Niedersachsen, in denen eine Apotheke mit 4.000 oder mehr Einwohnern überdurchschnittlich viele Menschen versorgt, aber aufgrund mangelnder Arztpraxen dennoch ums Überleben kämpft. „Die fachärztliche Versorgung ist in den Städten etabliert. Wer dort in Behandlung ist, löst sein Rezept noch in der Stadt ein und nicht bei seinem Apotheker in der Gemeinde“, erläutert der Landesapothekerverband Niedersachsen. „Umso wichtiger ist hier die Notdienstpauschale. Tagsüber in die Großstadt zum Arzt zu fahren und ein Rezept einzulösen, ist eine Sache. Aber mitten in der Nacht ein Arzneimittel zu benötigen, um damit Schmerzen zu mildern, eine andere. Dafür brauchen kranke Menschen auf jeden Fall eine fußläufig zu erreichende Apotheke.“
In Niedersachsen leisten mehr als 150 Apotheken täglich Nacht- und Notdienste. Mit ihrem Protest wollen die Apotheken am Donnerstag zeigen, wie wichtig sie nicht nur tagsüber für die Versorgung sind, sondern auch nachts. Patienten sollten sich während der Protestzeit auf Wartezeiten vor ihrer Apotheke einstellen.
Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.000 Mitglieder an. Der Apotheker ist ein fachlich unabhängiger Heilberufler. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apothekern die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwirbt der Studierende Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie und Toxikologie. Nach drei Staatsexamina erhält er eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung kann er eine öffentliche Apotheke führen. Der Apotheker fertigt individuelle Rezepturen an, erklärt die korrekte Einnahme von Medikamenten, warnt vor Wechselwirkungen und garantiert diese Versorgung auch im Nacht- und Notdienst.
Der Landesapothekerverband Niedersachsen (LAV) e.V. vertritt die wirtschaftlichen und berufspolitischen Interessen der niedersächsischen Apothekenleiter in der Öffentlichkeit, gegenüber der Politik und den Partnern im Gesundheitswesen. Dem Verband sind mehr als 1.900 niedersächsische Apotheken angeschlossen – das entspricht einem landesweiten Organisationsgrad von rund 90 Prozent.