Donnerstag, 5. September 2013

Elektroautos im Härtetest:Ostbayerns "E-Wald" nimmt weiter Fahrt auf

Im Bayerischen Wald werden Autos mit Elektroantrieb auf ihre Alltagstauglichkeit in schwerem Gelände geprüft. Jetzt gehen 100 neue Elektro-Flitzer in den Praxistest.


Teisnach (obx) - In Bayern sollen nach Plänen der Staatsregierung bereits im Jahr 2020 rund 200.000 E-Mobile über die Straßen des Freistaats rollen. Das Problem: Mit der Alltagstauglichkeit der umweltfreundlichen Flitzer ist es bei manchen der heute bereits verkauften Fahrzeuge nicht allzu weit her. Welche der Modelle tatsächlich bereits Benzin- oder Dieselautos ersetzen können wird derzeit im deutschlandweit bisher größten Praxistest für E-Fahrzeuge im Bayerischen Wald getestet. Jetzt nimmt Ostbayerns E-Wald weiter Fahrt auf: Am Freitag (6.9.) schickt der Autohersteller Nissan 100 neue Elektroautos in den Härtetest.

Das Modellprojekt "E-Wald" soll die Straßentauglichkeit von Elektroautos unter schwierigsten Einsatzbedingungen überprüfen. Mit großen Steigungen und harten Wintern bietet das ostbayerische Testgelände am "Grünen Dach Europas" besonders verschärfte Bedingungen, um Lebensdauer und Reichweite von Batterien in Elektroautos gründlich auf den Prüfstand zu stellen. Vor allem erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschluss darüber, welche Infrastruktur der Elektro-Verkehr von morgen benötigt.
Rund 50 E-Fahrzeuge verschiedenster Typen vom normalen PKW über Lieferwagen bis hin zum Sportwagen sind derzeit im E-Wald im Probe-Einsatz. Morgen (6.9.) erhält die E-Wald-Flotte gewaltigen Zuwachs: Am Technologie-Campus im niederbayerischen Teisnach übergibt der Europa-Direktor von Nissan, Olivier Ferry, in einem feierlichen Akt 100 Elektroautos der Marke Nissan Leaf an das E-Wald Projekt. Ab Oktober sollen weitere Elektrofahrzeuge der Hersteller BMW und VW folgen.
Getestet werden kann die E-Wald-Flotte im Bayerwald von jedermann: Die Elektroautos können kurz- oder langfristig von Touristen, Pendlern oder Gewerbetreibenden gemietet werden. Privatpersonen bekommen ein Kleinfahrzeug schon für 35 Euro am Tag. Außerdem nutzen Mitarbeiter der Hochschule Deggendorf, der Landratsämter in den E-Wald-Kreisen und der Verwaltung des Nationalparks Bayerischer Wald die Elektrofahrzeuge.

In allen Testautos werden umfangreiche Daten erhoben, um ihre Alltagstauglichkeit zu überprüfen: von den gefahrenen Streckenprofilen bis zur Außentemperatur. Die Informationen werden über Sender alle fünf Sekunden zur Auswertung an einen Zentralrechner der Hochschule Deggendorf geschickt. Spezielle Anzeigen informieren die Fahrer über die Restreichweite ihres Fahrzeugs und die Entfernung zur nächsten Stromtankstelle.

25 Ladesäulen stehen derzeit im ostbayerischen E-Wald, noch bis Ende des Jahres sollen es rund 85 sein. Dann können fast 400 Elektroautos gleichzeitig "tanken". Die Ladestationen stehen beispielsweise auf dem Gelände von Hotels, nahe touristischen Sehenswürdigkeiten oder im Umfeld öffentlicher Einrichtungen. Der Strom für die elektrischen Testmobile wird direkt im Bayerischen Wald erzeugt: in regionalen Wasserkraftwerken, über Photovoltaik-Anlagen oder in Biomasse-Kraftwerken
Neben den aktuell rund 150 PKWs der E-Wald-Flotte soll in einem Modell-Projekt in den niederbayerischen Städten Viechtach und Straubing künftig auch der Einsatz von Elektrobussen im Öffentlichen Nahverkehr getestet werden. Bis Ende 2014 sollen in Straubing und Viechtach elektrische Pendelbusse fahren. Sie werden mit einem neuen innovativen System zur kabellosen Stromaufladung mit Induktionsleitungen ausgestattet, die in die Straße an den Haltestellen eingebaut werden. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Hochschule Deggendorf.

Das Testgebiet des E-Walds umfasst eine Fläche von rund 7000 Quadratkilometern und erstreckt sich über die Landkreise Cham, Regen, Freyung-Grafenau, Straubing, Deggendorf und Passau in den Regierungsbezirken Oberpfalz und Niederbayern. Träger des E-Wald-Projekts ist die E-Wald GmbH, die aus den sechs teilnehmenden Landkreisen, 90 Gemeinden und zahlreichen privaten Investoren besteht. Das Gesamtbudget des Modellprojekts beträgt rund 28 Millionen Euro, gut 60 Prozent davon trägt der Freistaat. Gefördert wird der "E-Wald" noch bis Ende 2015, danach muss sich das Projekt selber tragen.