Im Bayerischen Wald werden Autos mit
Elektroantrieb auf ihre Alltagstauglichkeit in schwerem Gelände geprüft. Jetzt
gehen 100 neue Elektro-Flitzer in den Praxistest.
Teisnach (obx) - In Bayern sollen nach Plänen der Staatsregierung
bereits im Jahr 2020 rund 200.000 E-Mobile über die Straßen des Freistaats
rollen. Das Problem: Mit der Alltagstauglichkeit der umweltfreundlichen Flitzer
ist es bei manchen der heute bereits verkauften Fahrzeuge nicht allzu weit her.
Welche der Modelle tatsächlich bereits Benzin- oder Dieselautos ersetzen können
wird derzeit im deutschlandweit bisher größten Praxistest für E-Fahrzeuge im
Bayerischen Wald getestet. Jetzt nimmt Ostbayerns E-Wald weiter Fahrt auf: Am
Freitag (6.9.) schickt der Autohersteller Nissan 100 neue Elektroautos in den
Härtetest.
Das Modellprojekt "E-Wald" soll die Straßentauglichkeit von Elektroautos
unter schwierigsten Einsatzbedingungen überprüfen. Mit großen Steigungen und
harten Wintern bietet das ostbayerische Testgelände am "Grünen Dach Europas"
besonders verschärfte Bedingungen, um Lebensdauer und Reichweite von Batterien
in Elektroautos gründlich auf den Prüfstand zu stellen. Vor allem erhoffen sich
die Wissenschaftler Aufschluss darüber, welche Infrastruktur der Elektro-Verkehr
von morgen benötigt.
Rund 50 E-Fahrzeuge verschiedenster Typen vom
normalen PKW über Lieferwagen bis hin zum Sportwagen sind derzeit im E-Wald im
Probe-Einsatz. Morgen (6.9.) erhält die E-Wald-Flotte gewaltigen Zuwachs: Am
Technologie-Campus im niederbayerischen Teisnach übergibt der Europa-Direktor
von Nissan, Olivier Ferry, in einem feierlichen Akt 100 Elektroautos der Marke
Nissan Leaf an das E-Wald Projekt. Ab Oktober sollen weitere Elektrofahrzeuge
der Hersteller BMW und VW folgen.
Getestet werden kann die E-Wald-Flotte
im Bayerwald von jedermann: Die Elektroautos können kurz- oder langfristig von
Touristen, Pendlern oder Gewerbetreibenden gemietet werden. Privatpersonen
bekommen ein Kleinfahrzeug schon für 35 Euro am Tag. Außerdem nutzen Mitarbeiter
der Hochschule Deggendorf, der Landratsämter in den E-Wald-Kreisen und der
Verwaltung des Nationalparks Bayerischer Wald die Elektrofahrzeuge.
In
allen Testautos werden umfangreiche Daten erhoben, um ihre Alltagstauglichkeit
zu überprüfen: von den gefahrenen Streckenprofilen bis zur Außentemperatur. Die
Informationen werden über Sender alle fünf Sekunden zur Auswertung an einen
Zentralrechner der Hochschule Deggendorf geschickt. Spezielle Anzeigen
informieren die Fahrer über die Restreichweite ihres Fahrzeugs und die
Entfernung zur nächsten Stromtankstelle.
25 Ladesäulen stehen derzeit im
ostbayerischen E-Wald, noch bis Ende des Jahres sollen es rund 85 sein. Dann
können fast 400 Elektroautos gleichzeitig "tanken". Die Ladestationen stehen
beispielsweise auf dem Gelände von Hotels, nahe touristischen Sehenswürdigkeiten
oder im Umfeld öffentlicher Einrichtungen. Der Strom für die elektrischen
Testmobile wird direkt im Bayerischen Wald erzeugt: in regionalen
Wasserkraftwerken, über Photovoltaik-Anlagen oder in
Biomasse-Kraftwerken
Neben den aktuell rund 150 PKWs der E-Wald-Flotte
soll in einem Modell-Projekt in den niederbayerischen Städten Viechtach und
Straubing künftig auch der Einsatz von Elektrobussen im Öffentlichen Nahverkehr
getestet werden. Bis Ende 2014 sollen in Straubing und Viechtach elektrische
Pendelbusse fahren. Sie werden mit einem neuen innovativen System zur kabellosen
Stromaufladung mit Induktionsleitungen ausgestattet, die in die Straße an den
Haltestellen eingebaut werden. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von
der Hochschule Deggendorf.
Das Testgebiet des E-Walds umfasst eine Fläche
von rund 7000 Quadratkilometern und erstreckt sich über die Landkreise Cham,
Regen, Freyung-Grafenau, Straubing, Deggendorf und Passau in den
Regierungsbezirken Oberpfalz und Niederbayern. Träger des E-Wald-Projekts ist
die E-Wald GmbH, die aus den sechs teilnehmenden Landkreisen, 90 Gemeinden und
zahlreichen privaten Investoren besteht. Das Gesamtbudget des Modellprojekts
beträgt rund 28 Millionen Euro, gut 60 Prozent davon trägt der Freistaat.
Gefördert wird der "E-Wald" noch bis Ende 2015, danach muss sich das Projekt
selber tragen.