Milliarden von Euros fließen in den
Ausbau der Solar- und Windenergie. In Ostbayern wird bereits seit
Jahrzehnten Europas größter unterirdischer Thermalwassersee als
regenerative Energiequelle genutzt - und damit die Umwelt von vielen
100.000 Tonnen Kohlendioxid entlastet.
Regensburg/Bad Füssing/Simbach am Inn (obx) - Diese
Energiequelle ist umweltfreundlicher als viele 1000 Quadratmeder
Solarzellen und viele 100 Windkraftwerke: Ostbayern liegt auf einem
Energieschatz, dessen Wert im Zeitalter steigender Öl- und Gaspreise
kaum hoch genug einzuschätzen ist - einem 5900 Quadratkilometer großen
unterirdischen Thermalwassersee. Von Regensburg bis Linz und in
Ausläufern bis nach Baden-Württemberg erstreckt sich dieser aus einem
dichten Netzwerk von erhitzen Wasserströmen bestehende natürliche
"Heißwasserboiler", der seit vielen Jahrzehnten zur Energiegewinnung
genutzt wird. Das Energiepotential ist erst zu einem Bruchteil genutzt.
Rund 155 Kilometer breit und zwischen 30 und 50 Kilometer
lang ist die unterirdische und unerschöpflichen "Energieblase". Mit
unterschiedlichsten Projekten sind Deutschland und auch Österreich
dabei, das Riesen-Energiereservoir jetzt verstärkt zu nutzen. Der von
beiden Ländern unterzeichnete "Regensburger Vertrag" soll sicherstellen,
dass die Kraft aus der Tiefe koordiniert und naturverträglich angezapft
wird.
Kurios: Was heute und in Zukunft Millionen Liter Erdöl
ersetzt, wurde ursprünglich bei der - vergeblichen - Suche nach
bayerischen Ölquellen entdeckt: Vor 65 Jahren sondierten Bohrtrupps im
Rottal den Untergrund, um Erdöl zu finden. Sie stießen bei der Bohrung
stattdessen auf heißes Thermalwasser mit legendärer Heilwirkung bei
Rücken- und Gelenkproblemen.
Dieses Wasser war zunächst der Motor
für die Geburt und die Expansion von Bad Füssing, heute Europas
übernachtungsstärkster Kurort. Es entstanden in den Folgejahren die
anderen Kurorte im Bayerischen Golf- und Thermenland: Bad Griesbach, Bad
Birnbach, Bad Abbach und auch Bad Gögging. Heute ist das Bayerische
Golf- und Thermenland mit mehr als fünf Millionen Übernachtungen die
führende Wellness- und Heilbäder-Region in Europa.
Der Thermalsee
als Energiequelle wurde aber erst Jahrzehnte später entdeckt. An der
Grenze zu Österreich beispielsweise entstand ein in dieser Dimension auf
dem Kontinent einmaliges Projekt zur Geo-Energie-Nutzung: Die
bayerische Grenzstadt Simbach und Braunau jenseits der österreichischen
Grenze heizen heute gemeinsam mit umweltfreundlicher Erdwärme aus 1900
Metern Tiefe - Krankenhäuser und eine Reihe von privaten Wohngebieten
bekommen CO2-freie Heiz-Energie aus dem ostbayerischen
"Thermalwasser-Strom".
Über eine Förderbohrung wird das
Thermalwasser mit einer Temperatur von 80 °C und einem Volumenstrom von
266 Kubikmeter pro Stunde gefördert. Die Wärme des Thermalwassers wird
dann zu Heizzwecken "abgeschöpft" und das Wasser durch die
Reinjektionsbohrung wieder in den Untergrund gepumpt. Das System bringt
eine Leistung von sieben Megawatt. Das angeschlossene Fernwärmenetz hat
eine Länge von 35 km und versorgt 750 Gebäude mit insgesamt etwa 5000
bis 6000 Haushalten.
Für die Umwelt ist das
bayerisch-österreichische Geo-Energie-Projekt ein Gewinn: verglichen mit
konventioneller Wärmerzeugung werden der Umwelt durch die Nutzung des
80 Grad heißen Wassers dank der unerschöpflichen Energie aus der Tiefe
jährlich 16000 Tonnen Kohlendioxidbelastung erspart. Nach Berechnungen
des Klima-Bündnisses entspricht die Leistung der Geothermie-Heizquelle
dem Energiegehalt von acht Millionen Liter Erdöl.
An neun
Standorten in Bayern werden über die hydrothermale Geothermie bereits
Nah- und Fernwärmenetze bedient. Auch die Stadt Straubing hat den
Heißwassersee mittlerweile angezapft. Vier Megawatt-Wärme liefern die
beiden Thermalquellen via Wärmetauscher ins kommunale Fernwärmenetz.
Nicht nur Rathaus, Museum, Stadthalle, ein Schwimmbad, sondern ganz neu
auch Wohnsiedlungen werden so mit Wärme versorgt.