Mainz (rgzm) - Am 29. April eröffnete das Römisch-Germanische
Zentralmuseum (RGZM) die Sonderausstellung »Großbaustelle 793 – Das
Kanalprojekt Karls des Großen zwischen Rhein und Donau«. Mittelpunkt der
Schau ist ein 793 n. Chr. auf die Initiative Karls des Großen
entstandener schiffbarer Kanal, der Rhein und Donau verbinden sollte. Die Ausstellung ist bis einschließlich 10. August im Museum für Antike Schiffahrt zu sehen.
Die rund 300 m2 große Schau basiert auf aktuellen
Forschungen des Schwerpunktprogramms »Häfen von der Römischen Kaiserzeit
bis zum Mittelalter« der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), an dem
das RGZM maßgeblich beteiligt ist. Das Interessante: Die Besucherinnen
und Besucher erhalten Einblicke in die Fragen und Methoden, mit denen
die archäologische Forschung die Relikte einer gewaltigen Baumaßnahme
»zum Sprechen« bringt. „Die Ausstellung führt Sie alle unmittelbar in
eines der spannendsten, derzeit laufenden Forschungsprojekte zur
europäischen Frühgeschichte ein. Aktueller kann eine archäologische
Ausstellung nicht sein. Sie ist zugleich unser Beitrag zum Jubiläum
Karls des Großen, der vor 1200 Jahren starb.“, sagte Generaldirektor
Falko Daim in seiner Begrüßungsrede.
Doris Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung
und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz bezeichnete das Mainzer Museum für
Antike Schiffahrt als „idealen Ort“ für die Ausstellung über den
sogenannten Karlsgraben und betonte: „Das RGZM liefert als eines von
bundesweit acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft nicht nur
herausragende eigene Forschungsbeiträge. Mit seinen Dauerausstellungen,
öffentlichen Vorträgen, Führungen, der Kinderwerkstatt und den
Sonderausstellungen widmet es sich auch in besonderer Weise der Aufgabe,
wissenschaftliche Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit verständlich
zu vermitteln. Die Sonderausstellung zur »Fossa Carolina« mit dem
umfangreichen Begleitprogramm ist dafür erneut ein gelungener Beleg.“
Das Fossa Carolina-Projekt und seine Ausstellung
Mehr als 1000 Jahre vor der Erbauung des Ludwig-Donau-Main-Kanals
in der Mitte des 19. Jahrhunderts ließ Karl der Große einen Kanal
errichten, um die Flusssysteme von Rhein und Donau miteinander zu
verbinden. Damit sollte die europäische Hauptwasserscheide überwunden
und die Schifffahrt zwischen Nordsee und Schwarzem Meer erleichtert
werden. Dieses ambitionierte Vorhaben hat in der Landschaft Spuren
hinterlassen, die noch heute von einem der bedeutendsten wasserbaulichen
Großprojekte des Frühen Mittelalters Zeugnis geben. Ein aktuelles
DFG-Forschungsprojekt untersucht den sogenannten »Karlsgraben«. Dabei
wird auch der Frage nachgegangen, wie sich das Bauvorhaben auf die
umliegende Siedlungslandschaft auswirkte.
Die Ausstellung führt die Besucherinnen und Besucher in den
laufenden Forschungsprozess ein. Sie thematisiert planerische und
technische Voraussetzungen für den Kanalbau sowie die Art und Weise
seiner Nutzung, aber auch wirtschaftliche und machtpolitische Aspekten.
Nicht zuletzt zeigt sie, mit welchen Methoden die Wissenschaft diese
Fragen beantworten will. „Es handelt sich bei den derzeitigen Studien am
Karlsgraben um ein laufendes Forschungsprojekt“, erklärt der Geograph
Professor Christoph Zielhofer von der Universität Leipzig. „Viele Fragen
sind noch offen. Wir wissen noch nicht, wie lang das Kanalbauwerk
tatsächlich war und auch die Anschlussstellen an das natürliche
Flussnetz sind noch nicht geortet“.
Der »Karlsgraben« oder auch »Fossa Carolina« genannte Kanal, der
sich in der Nähe von Treuchtlingen in Mittelfranken befindet, wird
derzeit von Forscherteams der Universität Jena, der Universität Leipzig
und des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege im Rahmen des
DFG-Schwerpunktprogramms untersucht. „Nach über 1200 Jahren wird der
Karlsgraben durch unser Forschungsprojekt erneut zur Großbaustelle. In
der Ausstellung lassen wir Sie an dem laufenden Forschungsprozess
teilhaben. Wir möchten Ihnen einen Einblick in verschiedene Facetten des
Bauwerkes und in die unterschiedlichen Betrachtungsweisen der
Forschenden geben“, so die Archäologin Dr. Stefanie Berg-Hobohm vom
Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Archäologe Professor
Peter Ettel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Ein Highlight ist der 1200 Jahre alte Frachtkahn aus der Zeit
Karls des Großen. Für die Ausstellung verließ das Schiff zum ersten Mal
seit seiner Auffindung vor 25 Jahren das Deutsche Schiffahrtsmuseum
Bremerhaven.
Im Anschluss zieht die Sonderausstellung weiter und wird ab dem 5.
September in der Säulenhalle des Bayerischen Landesamts für
Denkmalpflege in München gezeigt.