Oberschenkelknochen (oben) und Lebensbild (unten) von Paidopithex rhenanus in dem Taschenbuch „Der Ur-Rhein“ von Ernst Probst. Das Lebensbild stammt von dem akademischen Maler Pavel Major aus Prag und wurde im Auftrag der Gemeinde Eppelsheim hergestellt.
Interview mit dem Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst über vermeintliche Menschenaffenfunde aus dem Ur-Rhein
Eppelsheim / Mainz (internet-zeitung) – Die Deutung zweier Funde aus rund 10
Millionen Jahre alten Ablagerungen des Ur-Rheins in Eppelsheim als mutmaßliche
Menschenaffenzähne schlägt in den Medien hohe Wellen. Die einen betrachten
diese Fossilien als Sensation, andere bezweifeln dies aber. Nachfolgend ein
Interview mit dem Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst, der sich in
seinem Taschenbuch „Der Ur-Rhein“ unter anderem mit Menschenaffenfunden in Rheinhessen befasst hat.
Frage: Welche Gattungen von Menschenaffen hat man bisher in Eppelsheim entdeckt?
Frage: Welche Gattungen von Menschenaffen hat man bisher in Eppelsheim entdeckt?
Probst: Im Museumsführer „Das Dinotherium-Museum in
Eppelsheim“ (2009) von Dr. Jens Lorenz Franzen, Ernst Probst und Heiner Roos
werden 3 Gattungen von Menschenaffen erwähnt:
1. Der Kinderaffe Paidopithex, von dem man bereits 1820
einen Oberschenkelknochen gefunden hat. Dieses rund 28 Zentimeter lange Fossil wurde 1895 erstmals wissenschaftlich beschrieben.
2. Der Rheinaffe Rhenopithecus, der anhand eines 2,7
Zentimeter langen Eckzahns eines männlichen Tieres aus Eppelsheim 1935 erstmals
wissenschaftlich beschrieben wurde
3. Der Baumaffe Dryopithecus, von dem man 2000 bei einer
Grabung in Eppelsheim ein unscheinbares, nur 1,5 Zentimeter langes
Fingerknochenbruchstück entdeckt zu haben glaubte
Frage: Wie deutet die Fachwelt die 3 erwähnten Menschenaffenfunde aus Eppelsheim?
Probst: Der Oberschenkelknochen von Paidopithex stimmt mit keinem anderen augestorbenen Menschenaffen überein und ist deswegen heute noch umstritten. Er wird entweder als relativ naher Verwandter oder entfernter Verwandten des Menschen oder sogar nur als Affe gedeutet. Rhenopithecus ist möglicherweise mit der 1975 aus Rudabanya in Ungarn bekannt gemachten Affenart Anapithecus identisch. Und über das angebliche Fingerknochenbruchstück des Menschenaffen Dryopithecus finde ich im Internet keine aussagekräftige wissenschaftliche Abhandlung.
Frage: Was halten Sie von den zwei Zähnen, die im September 2016 bei einer Grabung in Eppelsheim geborgen wurden?
Frage: Wie deutet die Fachwelt die 3 erwähnten Menschenaffenfunde aus Eppelsheim?
Probst: Der Oberschenkelknochen von Paidopithex stimmt mit keinem anderen augestorbenen Menschenaffen überein und ist deswegen heute noch umstritten. Er wird entweder als relativ naher Verwandter oder entfernter Verwandten des Menschen oder sogar nur als Affe gedeutet. Rhenopithecus ist möglicherweise mit der 1975 aus Rudabanya in Ungarn bekannt gemachten Affenart Anapithecus identisch. Und über das angebliche Fingerknochenbruchstück des Menschenaffen Dryopithecus finde ich im Internet keine aussagekräftige wissenschaftliche Abhandlung.
Frage: Was halten Sie von den zwei Zähnen, die im September 2016 bei einer Grabung in Eppelsheim geborgen wurden?
Probst: Ein renommierter Experte in Kanada glaubt, der
angebliche Backenzahn stamme von einem Affen, möglicherweise vom erwähnten
Anapithecus. Den vermeintlichen Eckzahn deutet er als Teil vom Backenzahn eines
Wiederkäuers. Eine Expertin aus Tübingen betrachtet den mutmaßlichen Eckzahn
als kleinen Teil eines Hirschzahns. Obwohl ich die beiden Neufunde nicht
mit Originalfunden geologisch gleichaltriger Fossilien von Affen und Menschenaffen aus Europa
vergleichen kann, spekuliere ich, zumindest der Neufund des Backenzahns könnte
von einem Jungtier des Rheinaffen Rhenopithecus stammen, der – wie erwähnt –
mit dem Affen Anapithecus identisch sein soll. Ein unterer Backenzahn des Menschenaffen bzw.
Baumaffen Dryopithecus kann es nicht sein, weil das typische
Dryopithecus-Muster fehlt. Bei diesem sind zwischen 5 Höckern Rillen in Form
eines „Y“ ausgebildet.
Falls man ein sehr großer Optimist ist, könnte man hoffen, dass in Eppelsheim 4 Gattungen von Menschenaffen existierten: Paidopithex, Rhenopithecus, Dryopithecus und dank der Neufunde von 2016 eine bisher unbekannte Gattung, die noch benannt werden müsste. Wenn man aber ein sehr großer Pessimist ist, könnte man glauben, in Eppelsheim sei noch nie ein Menschenaffe entdeckt worden. Paidopithex und Rhenopithecus seien nur Affen und das mutmaßliche Fingerknochenbruchstück von Dryopithecus stamme von einem anderen Tier. Die beiden Neufunde von 2016 seien ebenfalls keine Menschenaffenzähne, was ja manche Experten vermuten. Es ist aber auch denkbar, dass ein Teil der Funde aus Eppelsheim von Affen und Menschenaffen stammt. So könnte beispielsweise Paidopithex ein Menschenaffe sein, Rhenopithecus und die beiden Neufunde von 2016 dagegen könnte man als Affen betrachten. Wissenschaft bedeutet nicht nur Wissen, sondern manchmal auch Nichtwissen.
Frage: Gab es früher bei der Deutung von Funden aus Ablagerungen des Ur-Rheins bereits Irrtümer?
Falls man ein sehr großer Optimist ist, könnte man hoffen, dass in Eppelsheim 4 Gattungen von Menschenaffen existierten: Paidopithex, Rhenopithecus, Dryopithecus und dank der Neufunde von 2016 eine bisher unbekannte Gattung, die noch benannt werden müsste. Wenn man aber ein sehr großer Pessimist ist, könnte man glauben, in Eppelsheim sei noch nie ein Menschenaffe entdeckt worden. Paidopithex und Rhenopithecus seien nur Affen und das mutmaßliche Fingerknochenbruchstück von Dryopithecus stamme von einem anderen Tier. Die beiden Neufunde von 2016 seien ebenfalls keine Menschenaffenzähne, was ja manche Experten vermuten. Es ist aber auch denkbar, dass ein Teil der Funde aus Eppelsheim von Affen und Menschenaffen stammt. So könnte beispielsweise Paidopithex ein Menschenaffe sein, Rhenopithecus und die beiden Neufunde von 2016 dagegen könnte man als Affen betrachten. Wissenschaft bedeutet nicht nur Wissen, sondern manchmal auch Nichtwissen.
Frage: Gab es früher bei der Deutung von Funden aus Ablagerungen des Ur-Rheins bereits Irrtümer?
Probst: Den Forschern, die sich mit Funden aus dem Ur-Rhein
befassten, sind etliche Irtümer passiert. Den Rhein-Elefanten Deinotherium
giganteum („Riesiges Schreckenstier“) verkannte man als Riesentapir oder
Flusspferd. Das krallenfüßige Huftier Chalicotherium deutete man als
„Schreckenstier“ und Riesenschuppentier. Der Oberschenkelknochen des
Kinderaffen Paidopithex wurde irrtümlich einem 12-jährigen menschlichen Mädchen
zugeschrieben. Ein Heidelberger Forscher betrachtete in den späten 1930er Jahren
den Zahn eines Bibers als den eines Riesenmenschen, den er Gigantanthropus
nannte. Auch ich selbst bin nicht vor Irrtümern gefeit. Ich träumte vor
längerer Zeit mal davon, in Budenheim bei Mainz einen rund 20 Millionen Jahre
alten Menschenaffenzahn entdeckt zu haben. Doch es war nur der Backenzahn eines
urzeitlichen Schweins. Als ich in Budenheim einen Tonklumpen barg, aus dem ein
länglicher brauner Knochen ragte, ordnete ein Mainzer Forscher dieses Fossil
dem Oberschenkel eines ausgestorbenen Pferdes zu. Bei der Präparation des
Fundes kam die linke Unterkieferhälfte eines hornlosen Nashorns mit sieben
Zähnen zum Vorschein.
Frage: Gibt der Ur-Rhein noch viele Rätsel auf?
Frage: Gibt der Ur-Rhein noch viele Rätsel auf?
Probst: Sicher ist in den Sanden und Kiesen des Ur-Rheins
noch viel zu entdecken! Man weiß nicht genau, welche Affen und Menschenaffen am
Ur-Rhein tatsächlich existierten. Anderswo kamen Schädel-, Gebiss- und
Skelettreste des Baumaffen Dryopithecus ans Tageslicht. Bei den Vögeln
fehlen Flamingos, Papageien, Trogons und Mausvögel, die man von gleichaltrigen
anderen Fundstellen kennt. Manchmal grüble ich sogar, ob es sich bei dem Fluss,
der in Westhofen, Eppelsheim, Bermersheim, Gau-Weinheim, am Wissberg bei
Gau-Weinheim und am Steinberg bei Sprendlingen Ablagerungen und Fossilien hinterlassen
hat, tatsächlich um den Ur-Rhein handelt. Vielleicht war es nur ein Nebenfluss
des Ur-Rheins oder ein unbekannter namenloser Fluss. Aber damit befinde ich
mich im großen Reich der Spekulation.
*
Ernst Probst hat mehr als 300 Bücher, Taschenbücher und Broschüren veröffentlicht. Exotische Tiere am Ur-Rhein spielen in seinen Taschenbüchern „Der Ur-Rhein“, „Der Rhein-Elefant“, „Krallentiere am Ur-Rhein“, „Säbelzahntiger am Ur-Rhein“, „Menschenaffen am Ur-Rhein“ und „Als Mainz noch nicht am Rhein lag“ eine Rolle. Das Taschenbuch „Der Ur-Rhein“ ist bei Amazon unter der Internetadresse https://www.amazon.de/Ur-Rhein-Rheinhessen-zehn-Millionen-Jahren/dp/3640248015/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1509552615&sr=8-1&keywords=Der+Ur-Rhein erhältlich.
Ernst Probst hat mehr als 300 Bücher, Taschenbücher und Broschüren veröffentlicht. Exotische Tiere am Ur-Rhein spielen in seinen Taschenbüchern „Der Ur-Rhein“, „Der Rhein-Elefant“, „Krallentiere am Ur-Rhein“, „Säbelzahntiger am Ur-Rhein“, „Menschenaffen am Ur-Rhein“ und „Als Mainz noch nicht am Rhein lag“ eine Rolle. Das Taschenbuch „Der Ur-Rhein“ ist bei Amazon unter der Internetadresse https://www.amazon.de/Ur-Rhein-Rheinhessen-zehn-Millionen-Jahren/dp/3640248015/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1509552615&sr=8-1&keywords=Der+Ur-Rhein erhältlich.